Obsorge für alle Kinder
Aktionswoche zum #Weltflüchtlingstag: für eine kindgerechte Unterbringung und Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen in Österreich
Der diesjährige Weltflüchtlingstag betont das Recht auf Schutz in Zeiten, in denen dieses Menschenrecht immer wieder von staatlicher oder gesellschaftlicher Seite infrage gestellt wird.
Unbegleitete minderjährige Geflüchtete sind in besonderem Maße schutzbedürftig. Gemeinsam mit anderen Organisationen weisen wir auf die Notwendigkeit der Übernahme der Obsorge von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen ab Tag 1 über die Kinder- und Jugendhilfeträger in Österreich hin.
Warum ist die Obsorge für unbegleitete minderjährige Geflüchtete nicht gegeben?
Nachdem unbegleitete geflüchtete Kinder in Österreich angekommen sind und einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, werden sie zunächst in Einrichtungen des Bundes untergebracht, bevor sie in geeignete Jugendquartiere der Länder überstellt werden. Die Unterbringung in den Bundesbetreuungseinrichtungen sollte eigentlich nur wenige Tage bis wenige Wochen dauern, bis die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren geklärt ist. Da die Bundesländer aber zu wenige Unterkunftsmöglichkeiten für unbegleitete geflüchtete Kinder bereitstellen, kommt es in den Einrichtungen des Bundes zum Stau. Im Jahr 2022 war die durchschnittliche Wartedauer 131 Tage, also über 4 Monate, wobei der Durchschnitt einen verharmlosenden Wert darstellt, da einige Kinder und Jugendliche 6 Monate und länger in den Bundeseinrichtungen verbringen mussten. Für eine altersadäquate Unterbringung und Betreuung sind diese Einrichtungen nicht ausgerichtet. Doch eigentlich ist es unerheblich, ob es nun 4 oder 6 Monate sind, weil ein Kind oder Jugendliche niemals ohne eine obsorgeberechtigte Person und ohne altersgerechte Betreuung sein sollte.
Schutzlücke bei der Obsorge von geflüchteten Kindern und Jugendliche ohne Eltern
Die Länder sind der Auffassung, dass der Bund für die in den Bundesbetreuungseinrichtungen untergebrachten Kinder und Jugendlichen zuständig ist und übernimmt für sie routinemäßig keine Obsorge. Dadurch kommt es zur Situation, dass für hunderte Kinder und Jugendliche in Österreich kein/e Obsorgeberechtigte/r zuständig ist. Damit widerspricht das Vorgehen Österreichs sowohl der UN-Kinderrechtskonvention als auch dem BVG Kinderrechte und natürlich der EU-Aufnahmerichtlinie, die ebenfalls die besondere Schutzbedürftigkeit von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen betont.
Die Sicherheit und bestmögliche Entwicklung des Kindes ist nicht gewährleistet, wenn für eine nicht unerhebliche Zeitspanne niemand dafür zuständig ist, die Interessen des Kindes wahrzunehmen, das Kind zu unterstützen und es, soweit notwendig, zu schützen.
Auch der Bericht der Kindeswohlkommission hat das Problem der mangelnden Obsorge für unbegleitete, minderjährige Geflüchtete scharf kritisiert und folgende Empfehlung abgegeben: “Die Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge soll dringend für ganz Österreich einheitlich gestaltet werden. Die derzeit bestehende Schutzlücke muss geschlossen werden und die Obsorge von Beginn an sichergestellt sein, allenfalls auch im Wege einer vorläufigen Obsorge. Dazu braucht es eine gesetzliche Regelung, ähnlich der für im Bundesgebiet aufgefundene Kinder.“
CONCORDIA unterstützt die Aktionswoche für die Einhaltung der Kinderrechte von minderjährigen Geflüchteten
Um eine Übertragung der Obsorge an die Kinder- und Jugendhilfeträger für minderjährige Asylsuchenden in den Bundesbetreuungseinrichtungen zu erwirken, werden in der Woche vom 19.6.2023 – 24.6.2023 während einer ersten Aktionswoche Obsorgeanträge für unbegleitete geflüchtete Kinder gestellt. Dazu werden Beratungsgespräche durch RechtsberaterInnen im Vorfeld der Aktionswoche angeboten, in denen versucht wird, Kontakt mit den Eltern im Heimatland aufzunehmen, um den Eltern und unbegleiteten geflüchteten Kindern Informationen über Umfang und Verbesserungsmöglichkeiten durch einen Antrag auf Obsorge zukommen zu lassen. Die Kinder- und Jugendhilfeträger werden sich im Sinne des Kindeswohls für Verbesserungen einsetzen. Dies geschieht in Absprache mit den Eltern, sofern sie erreichbar sind.
Während der Aktionswoche werden geschulte MitarbeiterInnen vor den Bundesbetreuungseinrichtungen in Mariabrunn und Korneuburg anwesend sein, um die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden bei der Antragstellung zu beraten und zu unterstützen. Nach der Antragstellung werden die Kinder und Jugendlichen im Obsorgeverfahren rechtlich begleitet.
Ziel des Projekts ist es, eine Verbesserung für unbegleitete geflüchtete Kinder in Österreich herbeizuführen. Die Anträge sollen auf die Notsituationen der Kinder und Jugendlichen hinweisen und über die Antragstellung bei den Bezirksgerichten eine Übernahme der Obsorge an die Kinder- und Jugendhilfeträger sicherstellen. Das Projekt möchte klarmachen, dass die gängige Praxis unhaltbar ist und nicht im Einklang mit Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes für Kinderrechte steht.
Amnesty International hat aktuell eine Petition gestartet. Unterstützen Sie diese jetzt!
Hier finden Sie alle weiteren Informationen zur Aktionswoche.